Pfau

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Der Pfau gilt in der Christlichen Symbolik als
– Symbol der Auferstehung
– Unsterblichkeit
– unzerstörbare Seele
– auch Symbol für Allwissenheit

Pfau am Münsterportal in Villingen

Die alltäglichen Vorstellungen und Assoziationen, die das Wort „Pfau“ in uns erwecken, sind zunächst negativer Art. Wir denken an Stolz und Eitelkeit, an Selbstherrlichkeit und Arroganz, die der Pfau mit seinem aufgestellten Rad aus schillernden Schwanzfedern verkörpert. Und wer dazu weiß, dass der Pfau nicht wie andere Vögel singen kann, sondern nur laute, unmelodische Schreie ausstößt, der hat Verständnis für den schlechten Vers, der über den Pfau gemacht wurde: „Der Pfau schleicht wie ein Dieb durchs Land, hat Teufels-Stimm‘ und Engels-G’wand.“ Mit solchen Urteilen über den Pfau kann man natürlich sein Erscheinen am Altar nicht rechtfertigen. D’rum ist zu wissen, dass es Zeiten gab, die dem Pfau mehr Reverenz erwiesen haben. Die Heimat des Pfau ist Indien, und dort galt er als Symbol für die Sonne, für immerwährende Jugend und Unsterblichkeit. Seit dem Feldzug Alexanders des Großen nach Indien ist dieser große Vogel in der antiken Welt des Mittelmeerraumes bekannt geworden und wurde als vornehmer Schmuck in hochherrschaftlichen Gärten und Palästen gehalten. Mit Staunen und Bewunderung beobachtete man, wie jeder Frühling sein prachtvolles Federkleid erneuerte. Das machte ihn zum Symbol des neuen Lebens im Frühjahr. Schließlich wurde der Pfau der Apotheose (Vergöttlichung) Gefährte der Kaiserin, so wie der Adler Gefährte des Kaisers war. Vom ewigen Frühling und von der Unsterblichkeit des Kaisers erzählen daher die vielen Pfauenbilder auf antiken Wandfriesen und Bodenmosaiken.

Die junge Christenheit hat viele künstlerische Stilelemente und Vorstellungsmuster aus der antiken Welt übernommen und weiterentwickelt. Und so taucht auf Sarkophagen und Katakombenschmuck bald der Pfau im christlichen Raum auf; nun allerdings in veränderter Bedeutung. Er ergeht sich im Paradiesgarten, und das Farbenspiel seiner vieläugigen Federn lässt etwas von der Schönheit und vom ewigen Frühling des Paradieses, des Gottesreiches ahnen. Der Pfau ist Herold der künftigen Herrlichkeit. Oft sieht man auch auf frühchristlichen Darstellungen den Pfau, wie er vom Wasser des Lebens trinkt oder sich an den eucharistischen Früchten des Weinstocks labt. Damit gilt er wie die Taube als Symbol der unsterblichen Seele.

Quelle: Kurt Müller, Der Zelebrationsaltar im Villinger Münster, in GHV Jahresheft 2003

Hirsch am Münsterportal in Villingen

Der Hirsch

Wer den Altar umschreitet, begegnet dem Hirsch. Er beherrscht das für ihn ausgesparte Feld wie der König der Wälder sein Revier. Grazil sind die Läufe und deuten seine Schnelligkeit an. Der feingearbeitete Rumpf mit den sichtbaren Rippenbögen lässt an lange Durststrecken denken, die er hinter sich hat. Sein sensibler Spürsinn hat ihm den richtigen Weg gewiesen, er hat den Bach erreicht, der lebendig zum linken Bildrand hereinspringt wie ein frischer Bergquell. Der Hirsch will die Fülle genießen, er tritt mit dem müden Vorderlauf hinein in den Überfluss und trinkt. Dabei wenden sich dem Betrachter die zehn Enden seines Geweihes, seine Trophäe, zu. Anmut und Stolz stecken in seiner Gestalt, Durst und Trank, Suchen und Finden sind meisterlich dargestellt. Was soll der Hirsch in der Kirche, was kann das Tier am Altar bedeuten? Nicht erst die Barockzeit lässt Vögel durch die hellen Kuppeln fliegen und malt allerlei Tiergestalten in die lichten Fresken. Schon die Romanik schuf in ihren Kirchen, die wehrhaft wie Gottesburgen aussahen, auch eine schützende Heimstatt für Pflanzen und Tiere, die vor allem in die herrlichen Säulenkapitelle hineingearbeitet waren. In der rettenden Arche waren Mensch und Tier beieinander. Wo Gottes Heilstaten verkündet und erfahren werden, im Gotteshaus, da darf die ganze Schöpfung sich zur Anbetung versammeln.

Der Hirsch nun hat die Jäger immer fasziniert, und wer möchte nicht ein Jäger sein und ihm im Frühlicht begegnen? Als in keltisch-römischer Zeit Menschen unserer Gegend am Brigachursprung ein Quellheiligtum errichteten, haben sie es geschmückt mit einem Hirsch, einem Vogel und einem Hasen. Forscher deuteten das in den dreißiger Jahren aufgefundene Bild und meinten, der Hirsch sei das Wappentier des Waldgottes Silvanus.

In der Gedankenwelt der frühen und mittelalterlichen Christen spielte der Hirsch in den Legenden vom heiligen Nothelfer Eustachius und vom heiligen Hubertus eine große Rolle. Ein leuchtendes Kreuz im Geweih des mächtigen Hirsches, auf den die Jäger schon angelegt hatten, zwang sie, den Bogen zu senken. Aus Jägern wurden Heilige. Und eine schöne, halbvergessene Legende aus der Baar lebt weiter auf einem Bild in der einst bekannten Wallfahrtskapelle St. Marx in Mistelbrunn. Der seligen Ruchtraud von Almshofen schreitet, weil sie sich im nächtlichen Winterwald verirrt hat, sie rettend ein kapitaler Hirsch voran bis nach St. Marx. Auf seinem Geweih strahlen 12 Kerzen und weisen den Weg zum Heiligtum.

Aber die eigentliche Begründung für den Einlass des Hirsches in der Kirche liefert ein Vers aus Psalm 41. Er ist ein Lied vom Heimweh nach Jerusalem und seinem bergenden Heiligtum, dem Tempel. Dort heißt es: „Wie der Hirsch lechzt über den Bachbetten, so lechzt meine Seele nach dir, Jahwe. Es dürstet meine Seele nach Jahwe, dem lebendigen Gott.“

Wer staunend in alten Basiliken oder Baptisterien zu Rom, Ravenna oder Neapel vor den nach tausend Jahren fast in überirdischem Glanz leuchtenden Mosaikwänden steht, der gewahrt oft den über die Quelle gebeugten trinkenden Hirsch. Das hervorragendste, weil älteste Beispiel ist die aus dem 4. Jahrhundert stammende Taufkirche des heiligen Johannes in Neapel. Dort steht mit einladender Geste auf seinen Hirtenstab gestützt der „Gute Hirt“ (Christus) und weist auf 2 Hirsche links und rechts, die aus vollen Zügen trinkend an den Bächen stehen, die zu seinen Füßen entspringen. Das ist eine in Bildersprache ausgedrückte herzliche Einladung zur Taufe. Deshalb nennt Joseph Wilpert, der Altmeister der Ikonographie, die trinkenden Hirsche „das Taufsymbol per excellentiam“.

Das große Apsismosaik der St.-Klemens-Basilika in Rom zeigt zu Füßen des Kreuzes vier Quellen, die vier Evangelien. Daraus trinken zwei Hirsche. Sie sind Symbol für den nach Wahrheit suchenden, um Glauben ringenden und auf Erlösung angewiesenen Menschen. Die Begegnung mit dem Gekreuzigten und seinem Wort stillt diesen Durst.

Der hohe Auftrag des Altars ist, zu solcher Christusbegegnung einzuladen und den Durst nach Lebenskraft von Christus her im Sakrament zu stillen. Das uralte Symbol vom trinkenden Hirsch ist ein würdiger und zur Meditation anregender Schmuck des neuen Münsteraltars.

Quelle: Kurt Müller, Der Zelebrationsaltar im Villinger Münster, in GHV Jahresheft 2003

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